Wie läuft eine Sprechstunde bei mir ab?

Unsere erste Begegnung umfasst gleichzeitig auch immer das Anamnesegespräch. Bevor es also ans Malen geht, möchte ich ganz viel von dir wissen, z.B.. Was dich zu mir führt, wie du aufgewachsen bist oder auch, wie es dir körperlich geht.

Dafür nehme ich mir 1,5 bis 2 Stunden Zeit.

Anschließend geht es an eine sanfte Einstiegsübung mit zeichnerischen, malerischen oder plastischen Mitteln. Welche das sein wird, empfehle ich dir direkt nach unserem Erstgespräch. Für unser erstes Treffen solltest du also ruhig 3 Stunden Zeit einplanen.

Während dieser ersten Übung bekommen wir bereits eine Idee, mit welchem Material oder Thema du weiterarbeiten könntest. So kann es beispielsweise passieren, dass ich dir nach 10 Minuten Zeichnung empfehle, auf das Plastizieren mit Ton umzusteigen. Manchmal „vibed“ es eben nicht auf Anhieb. ;)

Erfahrungsgemäß entwickelt sich bereits nach wenigen Treffen (manchmal beim 3., manchmal beim 5. Mal) eine sichtbare und tiefergehende Tendenz in deinen künstlerischen Arbeiten.

Ich nenne das „Knirschen“. Da findet Bewegung statt. Der Smalltalk zwischen dir, deinem Werk und mir wird zum Deeptalk.

Warum ich nicht analysiere

Einige haben Sorge, dass sie beim Malen zu viel von sich Preis geben und ich ihnen durch die Analyse ihrer Bilder bis auf den Grund der Seele schauen kann.

Das kann ich übrigens nicht. ;)

Wieso nicht?

Du bist komplex. In deiner Stimmung, deinem Denken, deiner Bewegung. Es wäre anmaßend, auch nur zu versuchen, dich anhand eines  Bildes zu analysieren.

Künstlerisch zu arbeiten ist immer ein Dialog zwischen dir und dem Werk:

Du ziehst einen Pinselstrich - Du beginnst das Gespräch.
Dein Pinselstrich ist sichtbar und wirkt auf dich - Dein Bild spiegelt dir etwas zurück, "spricht" mit dir, worüber du dich möglicherweise freust oder ärgerst.
Daraufhin korrigierst du deinen ersten Strich vielleicht - Eure Unterhaltung  geht weiter.

Wie bei jedem Gespräch kann es interessant, harmonisch, aber auch verletzend und aggressiv zugehen.

Meine Aufgabe ist es, zu erkennen, wie sich euer Dialog gestaltet und zu unterstützen, falls ihr euch missversteht.

Ein Missverständnis kann so aussehen, dass das Material, das du gerade verwendest, etwas anderes braucht als du. Beispielsweise möchtest du gern hoch pigmentierte und cremige Farbe aufs Papier bringen und verzichtest daher auf Wasser am Pinsel. Dadurch kannst du aber nur sehr kurze Pinselstriche führen, da die Farbe sofort abreißt. Der Pinsel kratzt dann trocken über das Papier - von geschmeidigen Pigmenten ist nichts zu sehen.

An dieser Stelle schauen wir, welches andere Mittel zum Malen für dich in Frage käme: Öl, Lack, Acrylbinder, oder lieber Kleister? 

Durch den unmittelbaren Umgang mit dem Material können dir die verschiedensten Themen aus deinem Alltag begegnen:

Wie bleibe ich im Gespräch bei mir - Wie setze ich die Idee für das Bild um?
Wie werde ich empathischer in Beziehungen - Wie muss ich mit dem Material umgehen, sodass es nicht bricht oder vertrocknet?
Wie gehe ich mit Missverständnissen und Konflikten um - Wie arbeite ich mit Materialien, die unvorhersehbar und eigensinnig sind?
Und: auch das schönste oder schlimmste Gespräch ist einmal vorbei. Wie kann ich loslassen - Wann merke ich, wenn ein Bild fertig ist?

Du trainierst beim Kunstmachen also unentwegt deine empathischen Muskeln. 

Kunsttherapie und Humanismus

Auch wenn die Kunsttherapie bereits ein spezifisches Therapieverfahren darstellt, haben sich in den letzten Jahrzehnten verschiedene Ansätze herausgebildet.

Ich arbeite in meiner Praxis nach dem humanistischen Ansatz.

Humanismus in der Kunsttherapie bedeutet für dich, dass ich dich während der Behandlung nicht als psychisch krank betrachte, sondern als Menschen mit der Fähigkeit, Konflikte kreativ zu lösen. Ich sehe dein Potenzial zur Selbstverwirklichung, wie auch immer diese für dich aussehen mag. Deine Individualität und deine Ressourcen stehen im Vordergrund.

Da es in der Kunst kein Richtig und kein Falsch gibt, entdeckst du möglicherweise ein Knowhow in der Malerei, das im Alltag untergeht bzw. untergehen muss, da es als Symptom oder sogar als Störung definiert wird. Dein „Symptom“ kann somit in der Kunst von einer anderen Seite betrachtet werden und in einigen Momenten sogar unentbehrlich sein, z.B. als Ausdruck deiner Kreativität.

Du bekommst dadurch Gelegenheit, deine Mäntel  neu zu gestalten.

Kunsttherapie kann für dich eine sanfte und zugängliche Unterstützung bei gängigen verbal und kognitiv ausgerichteten Therapieverfahren (wie z.B. der kognitiven Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse) darstellen.

Es geht um die bedingungslose Wertschätzung deines eigenen Selbst, Nachsichtigkeit und Geduld, wenn eben mal nicht alles wie ein Uhrwerk funktioniert.